Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft
Deutschland ist ein Einwanderungsland, das von den unterschiedlichen kulturellen Einflüssen profitiert, die das Land im Verlauf der Geschichte geprägt haben. Trotzdem haben sich Politik und Mehrheitsgesellschaft vergleichsweise spät dazu bekannt, dass sie in einer Migrationsgesellschaft leben. Und noch immer haben in unserer Gesellschaft nicht alle Menschen die gleichen Chancen, weil Rassismus und Diskriminierung dies verhindern.
Diversität gehört zum Lebensalltag junger Menschen
Die deutsche Bevölkerung ist heterogen: In der Bundesrepublik Deutschland lebten zum Zeitpunkt des letzten Mikrozensus in 2016 82,4 Millionen Menschen, davon hatten 18,6 Millionen einen sogenannten „Migrationshintergrund im engeren Sinn“. Im engeren Sinn bedeutet das, dass die Befragten selbst oder eines ihrer Elternteile nicht mit deutscher Staatangehörigkeit geboren wurden.
Bezogen auf die gesamte Einwohnerzahl Deutschlands betrifft das etwa jede*r Fünfte*n - in Westdeutschland verfügt sogar jede*r Vierte über einen Migrationshintergrund, während es in den neuen Bundesländern nur etwa jede*r Sechzehnte ist. Seit Jahrzehnten ist die Lebenslage junger Menschen in der Bundesrepublik Deutschland deshalb durch eine wachsende migrationsbedingte Diversität gekennzeichnet.
Der Austausch und die Zusammenarbeit mit muslimischen Jugendverbänden sind der Evangelischen Jugend ein wichtiges Anliegen. Von der lokalen bis zur Bundesebene bestehen langjährige Kontakte mit muslimischen Partnerorganisationen.
Jugend in der Migrationsgesellschaft
Diversität wird von Jugendlichen einerseits als Normalität im schulischen Alltag erlebt. Andererseits erkennen sie, dass sich diese Realität nicht repräsentativ in allen weiteren Bereichen des öffentlichen und Freizeit-Lebens darstellt. In der Jugendverbandslandschaft wird dies schnell deutlich, wenn man sich die Zusammensetzung sowohl der Mitgliederstrukturen etablierter Jugendverbände als auch die Zusammensetzung der in den Jugendringen vertretenen Jugendverbände ansieht.
So ist trotz diverser Bemühungen um eine interkulturelle Öffnung der Strukturen nach wie vor kein muslimischer Jugendverband auf Bundesebne in den Strukturen verankert und Vereine junger Migrant*innen üben in Landes- und regionalen Jugendringen oft noch keine Regelmitgliedschaft aus. Dies hat zum einen mit einem späteren Nachrücken der überwiegend jüngeren Verbände zu tun, erklärt sich aber auch über mitunter fehlende Erwachsenenstrukturen, die die Jugendarbeit so nicht unterstützen können.
Und nicht zuletzt ist mit Hinblick auf die Geschichte deutscher Migrations- und Integrationspolitik festzustellen, dass lange kein Augenmerk auf eine gerechte Partizipation aller gesellschaftlicher Gruppen gelegt wurde. Dies erweist sich in Kombination mit vorhandenem strukturellen- und Alltagsrassismus als große Hürde für Jugendliche mit Migrationshintergrund, die legitimer Teil der Jugendverbandslandschaft sein wollen.
Neben Empowerment-Ansätzen der betreffenden Verbände selbst haben in den vergangenen 15 Jahren unterschiedliche jugendverbandliche Akteure Initiativen umgesetzt, die die gleichberechtigte Partizipation ermöglichen sollen und eine künftige Zusammenarbeit auf Augenhöhe zum Ziel haben.
Hinweis: Über Aktuelle Zahlen, Daten, Fakten zur Zuwanderung nach Deutschland gibt der Kinder- und Jugendmigrationsreport 2020 des Deutschen Jugendinstituts Auskunft. Er bestätigt: Die Gesellschaftsstruktur wird immer vielfältiger, insbesondere unter Kindern und Jugendlichen. Der Anteil des sogenannten „Migrationshintergrunds“ beträgt bei den unter 25-Jährigen in 2019 bereits 37 Prozent.
Hier lässt sich der Report einsehen: DJI - Kinder- und Jugendmigrationsreport 2020
Dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie insbesondere für Kinder und Jugendliche mit Migrationsbiografie verheerend sein können betont ein aktuelles Hintergrundpapier der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelischer Jugendsozialarbeit BAG EJSA: Pandemiefolgen für junge Menschen mit Migrationsbiografie.
Übersicht
UEM-Bericht: Ergebnisse und EmpfehlungenBildungsangebot KNW-IMF
E-Learning-Kurs: Antimuslimischer RassismusAusstellung
Wanderausstellung „Exit Racism“Wichtige Beschlüsse und Forderungen zum Thema
- Dialog und Kooperation – Muslimische Jugendverbände als Partner (Besschluss 7/2016 der 127. aej-Mitgliederversammlung)
- JER-Statement "Jugendverbände gegen Rassismus" – Das gemeinsam verabschiedete Statement der am Projekt "JETZT erst recht!" beteiligten Verbände
Kooperationen mit muslimischen Jugendverbänden
Warum sollte sich die Evangelische Jugend für muslimische Jugendarbeit stark machen? Die bessere Frage wäre wohl, warum denn nicht?
Ihrem Leitbild nach steht die Evangelische Jugend für ihre Orientierung an Christus, die Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen und dafür, dass Vielfalt Chancen bietet. Sie ist sich zudem gewahr, dass nicht alle Kinder und Jugendlichen ihr ganzes Potential entfalten und voll partizipieren können, weil dem gesellschaftliche Hürden entgegenstehen.
Die aej unterstützt daher die Selbstorganisation weniger privilegierter Jugendverbände, um zu einem gerechten Miteinander beizutragen. Als religiöse Jugendverbände, die ihr jeweiliges Bekenntnis zum Ausgangspunkt ihres jugendpolitischen Wirkens machen können wir wichtige solidarische Bündnisse bilden.
Projekte der aej
Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit
Das Netzwerk stellt sich gegen die immer virulenter werdende Islamfeindlichkeit, setzt sich für die selbstverständliche Partizipation aller Jugendlichen an den Strukturen der Jugendverbandsarbeit ein und entwickelt Bildungsangebote.
Förderung von Projekten
Für Projekte, die Kinder- und Jugendarbeit vor Ort für Menschen aller Nationalitäten öffnet, bestehen unterschiedliche Förderprogramme. Die Programme fördern Kooperationen mit christlich-ökumenischen, muslimischen, alevitischen oder anderen Jugendvereinen, unterstützen Projekte mit und für Geflüchtete oder finanzieren Projekte, die sich für Teilhabe und Partizipation mit speziellem Fokus auf Mädchen und Frauen engagieren.
Wir haben die wichtigsten Fördergeldgeber für Projekte im Themenfeld Migration, Flucht, Integration und Vielfalt in einer Übersicht zusammengestellt.
Aktuelle Publikationen
aej | Publikation
Strukturelle Teilhabe muslimischer Jugendverbände in Deutschland – Bedarfe und Hürden
Herausgegeben von der aej und den RAA Berlin
Unter Mitwirkung von Autor*innen aus Wissenschaft und Jugendarbeit liefert die Broschüre einen Beitrag zum Abbau von Benachteiligung und Diskriminierung Jugendlicher mit muslimischer Identität und zur Versachlichung der Debatte um mehr Teilhabegerechtigkeit für muslimische Jugendliche und ihre Selbstorganisationen.
2022, 42 S.
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Islam- und muslim*innenfeindliche Einstellungen bei jungen Menschen
und die Rolle von Religiosität, Kontakt und politischer Orientierung: eine empirische Studie
Die Zusammenfassung der Ergebnisse der aej-Jugendstudie „Perspektiven auf Demokratie, Religion und Islamdebatte“ von 2021 ist nun gesammelt in einer eigenen Broschüre erschienen. Die Publikation entstand im Rahmen der aej-Trägerschaft im Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit. Sie wurde angefertigt durch Olga Janzen unter Mitarbeit von Petra-Angela Ahrens und Onna Buchholt.
2022, 49 S.
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Multimediale Bildungsmaterialien "Jung, muslimisch, deutsch - normal!"
Im Rahmen des Kooperationsprojekts "Junge Muslime als Partner - FÜR Dialog und Kooperation! GEGEN Diskriminierung!" sind verschiedene Materialien für die jugendpolitische Bildungsarbeit entstanden, die Vorurteilsfreie Zugänge zum Themenfeld "Jugend und Islam" schaffen sollen. Die Materialien sind im Paket erhältlich.
Ein Materialpaket enthält einen QR-Code zum Download des Kurzfilms "Bayram wie Weihnachten" (ca. 23 Minuten), die Broschüre "Jung, muslimisch, deutsch normal - Diskriminierungskritische Zugänge zum Thema Islam in der Jugendarbeit" , sowie die Spielkarten und die kostenlose App "Wen siehst Du?"
Hrsg. von der aej
2019
Preis: kostenlos
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Bildungsmaterialien bestellenaej | Publikation
Jung, muslimisch, deutsch - normal!
Muslim*innen sind selbstverständlicher Teil Deutschlands und leben ihren Alltag wie alle anderen Bürger*innen auch, werden in dieser Normalität aber überwiegend nicht gesehen. Die Broschüre will dabei helfen, diese Wahrnehmung zu verstärken und bietet diskriminierungskritische Zugänge zum Thema Islam in der Jugendarbeit.
Die Broschüre ist Teil des gleichnamigen Materialpakets, kann aber auch einzeln bezogen werden.
2018, 104 S.
Preis: kostenlos
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Publikation herunterladenVeranstaltungshinweise zum 4. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit 16. bis 18. September 2024 in Potsdam
Das Programm für den 4. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit ist online und die Anmeldung ist noch bis zum 31. August 2024 möglich. Aus den mehr als 180 Fachveranstaltungen, Abendveranstaltungen, Exkursionen und dem Park der Möglichkeiten können Sie sich ein individuelles Programm zusammenstellen.
An dieser Stelle möchten wir auf diese Programmpunkte hinweisen
Die Ausstellung Exit Racism kann durchgängig auf dem Markt der Jugendhilfe besucht werden
17.09.2024, 13:00 Uhr - Diversitätsbewusst und rassismussensibel in der Kinder- und Jugendarbeit - Ein neuer E-Learning-Kurs für Fachkräfte (ZEOK e.V., Hinweis: das E-Learning Tool wurde mit der aej im Rahmen des KNW entwickelt)
18.9.2024, 11:30 bis 12:30 Uhr | Raum 3.01.H09
Erforderlich: Rassismuskritische Bildungsarbeit – Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Erhebung „Islam- und Muslimfeindliche Einstellungen bei jungen Menschen“ – Fachforum zur Zukunft der Kinder- und Jugendarbeit
Die aej hat mit ihrer repräsentativen Studie „Islam- und muslim*innenfeindliche Einstellungen bei jungen Menschen“ wichtige Hinweise für Praktiken und Herangehensweisen einer rassismuskritischen Kinder- und Jugendarbeit herausgearbeitet. Die Vortrags- und Diskussionsveranstaltung möchte dazu anregen, sich mit antimuslimischem Rassismus zu beschäftigen und Wege aufzeigen, wie diesem begegnet werden kann. Ebenso möchte sie Schlussfolgerungen für das Handlungsfeld der Kinder- und Jugendarbeit aufzeigen, die dazu beitragen sollen Gewalt zu verhindern, Vorurteile abzubauen und Diskriminierungspraktiken entgegenzuwirken. Ergänzend zu der aej-Studie werden auch Erkenntnisse aus dem Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung sowie kleinere Studien zu Moscheebesuchen herangezogen.
Verantwortlich bei der aej: Doris Klingenhagen, Referentin für Inklusion, Migration und Vielfalt und Olga Janzen, Projektleiterin aej-Jugendstudie „Perspektiven auf Demokratie, Religion und Islamdebatte“
Veranstaltungen
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Oktober 2024Fortbildung | Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej)
Muslimisch, deutsch... na klar! – Fortbildung für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe