Inklusion
Inklusion gehört zum Grundverständnis evangelischer Kinder- und Jugendarbeit. Dabei geht es um die Inklusion der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen ebenso wie um Fragen der europäischen Migrationspolitik, des Rassismus oder die Überwindung sozialer Ungleichheit. Inklusion ist eine der größten Herausforderungen für die evangelische Kinder- und Jugendarbeit. Denn es ist das Ziel, Inklusion über Grundsatzerklärungen hinaus zur Leitorientierung und zum Handlungsmaßstab in der Praxis zu machen.
Eine Herausforderung für die Kinder- und Jugendarbeit
In der Kinder- und Jugendarbeit heißt es oft: „Na klar. Zu uns kann jeder* und jede* kommen.“ Wirklich ALLE? Kann auch die Jugendliche im Rollstuhl an der Jugendfreizeit teilnehmen oder der Junge mit Down Syndrom am Jungscharzeltlager? Und können Kinder mit einer Sehbehinderung die wichtigen Infos des Jugendvereins auf der Homepage lesen? Inklusion heißt: Alle sind dabei und können in ihrer Unterschiedlichkeit, mit ihren Fähigkeiten und Handicaps entsprechend ihren Bedürfnissen und Voraussetzungen am gesellschaftlichen Leben teilhaben. So beschreibt es die UN-Behindertenrechtskonvention, die 2009 von Deutschland unterzeichnet wurde. Die Evangelische Jugend versteht diese als Herausforderung und Aufgabe. Sie arbeitet am Abbau von Barrieren und setzt sich für ein Gelingen inklusiver Kinder- und Jugendarbeit ein. Das heißt, nicht nur die „spezifische Zielgruppe“ von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in den Blick zu nehmen, sondern auch zu fragen und zu reflektieren, wie mit Vielfalt umgegangen werden soll und wo überhaupt Differenzen in der praktischen Kinder- und Jugendarbeit herrschen.
Der Auftrag Inklusion bedeutet aus meiner Sicht für die Jugendverbände nicht, bis zur Nicht-Wiedererkennbarkeit offen zu sein, sondern zu reflektieren, wer man ist und wie man dadurch exkludiert. Inklusionsanstrengung bedeutet zuerst mal Exklusionsreflektion.
Was meint Inklusion?
Die Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) hat in Deutschland zu einem großen Paradigmenwechsel in der Sichtweise auf Menschen mit (zugeschriebenen) Behinderungen und auf die Teilhabe aller Menschen geführt. Der Weg weist weg von Sonderfällen, Zonen und getrennten Räumen hin zu einer inklusiven Gesellschaft. Auf ein großes Ziel, auf das hinzuarbeiten gilt: Jeder* und jede* hat das Recht, das eigene Anderssein auszuleben und akzeptiert zu werden, so wie die einzelnen Menschen sind. Die Evangelische Kinder- und Jugendarbeit nimmt diesen Auftrag und die anspruchsvollen Herausforderungen an und sucht nach mehr inklusiven Gestaltungsprinzipien. Sie vernetzt sich dabei mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen wie der Behindertenhilfe.
Auf dem Weg zu einer inklusiven Ausrichtung
Mit dem Projektvorhaben "Zusammen? Geht doch! Praxis Inklusion in der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit" stößt die aej neue Kooperationen mit der Behindertenhilfe an. Die Aktion Mensch Stiftung ermöglicht die praktische Erprobung von lokal-regionaler Zusammenarbeit von Akteur*innen der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit mit Akteur*innen der Behindertenhilfe. Dies wird an vier lokal-regionalen Standorten über vier Jahre (April 2022 bis April 2026) umgesetzt.
Zusammen? Geht doch!
Mit dem Modellprojekt „Zusammen? Geht doch!“ lotet die aej neue Angebote und neue Kooperationsformen für eine inklusive Kinder- und Jugendarbeit aus und bringt Akteur*innen der Evangelischen Jugend und der Behindertenhilfe zusammen.
Mit ihrem Beschluss „Inklusion braucht Engagement“ auf ihrer Mitgliederversammlung im November 2022 hat die aej einen umfassenden Grundlagenbeschluss gefasst. Wichtig ist der aej, dass in den kommenden Jahren in einem gemeinsamen Diskurs zwischen öffentlichen und freien Träger*innen sowie der Politik die Voraussetzungen geschaffen werden, dass das neu im § 11 SGB VIII verankerte Recht eingelöst werden kann, um jungen Menschen mit Behinderung umfassende gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Zudem beteiligte sich die aej an der Erstelllung des Leitfadens "Inklusion gestalten – Aktionspläne entwickeln." Dieser Orientierungsrahmen der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Diakonie Deutschland richtet sich an Landeskirchen, Kirchenkreise und Kirchengemeinden sowie an diakonische Einrichtungen und Werke. Neben fundierten Informationen enthält der Orientierungsrahmen Vorschläge für Ziele und konkrete Umsetzungsmaßnahmen, hilfreiche Checklisten sowie Praxisbeispiele.
Auftrag Inklusion – Perspektiven für eine neue Offenheit in der Kinder- und Jugendarbeit
Mit dem gemeinsamen Projekt von aej, Aktion Mensch und Diakonie Deutschland „Auftrag Inklusion – Perspektiven für eine neue Offenheit in der Kinder- und Jugendarbeit“ (2014/2015) wurde ein neuer Anstoß für Diskussionen über inklusive Gestaltungsprinzipien in der aej gegeben. Es entstanden inhaltliche Grundlagen, Fakten für eine Standortbestimmung und ein Inklusions-Check für die Kinder- und Jugendarbeit.
Auftrag Inklusion - Ergebnisse des Projekts von aej, Aktion Mensch und Diakonie Deutschland
- Inhaltliche Grundlagen, Handlungsempfehlungen und Anregungen für die Praxis
- Standortbestimmung von Kinder- und Jugendarbeit im Kontext von Inklusion
- Inklusions-Check für die Kinder- und Jugendarbeit
Anfangen mit inklusiver Praxis
In der Freizeitenarbeit gibt es viele gute Ansätze einer inklusiven Gestaltungspraxis, die aber längst noch nicht flächendeckend greifen. Die neuste Publikation (2020) „Geht doch! Wertvolle Tipps für eine inklusive Freizeitenarbeit“! gibt Planer*innen und Durchführer*innen von Freizeiten einen praktischen Kompass in der Hand, um mehr Kindern und Jugendlichen Freizeiterlebnisse zu ermöglichen. Inklusive Schritte von der Teilnahme an Freizeiten und anderen Maßnahmen der Kinder- und Jugendarbeit hin zu Mitarbeit und Engagement gehen die Juleica-Ausbildung inklusiv, die die Evangelische Jugend im Rheinland entwickelt hat und praktiziert sowie das Konzept „evangelisch und qualifiziert (eQ)“ der Evangelischen Jugend von Westfalen. eQ zeigt Ausbildungsstandards für Co-Mitarbeitende auf, die anregen sollen junge Menschen mit Behinderung qualifiziert auszubilden. Eine inklusiv gestaltete Kinder- und Jugendarbeit ist zudem eine barrierefreie Kinder- und Jugendarbeit. Hindernisse in Sprache, Zugang und Räumlichkeiten sind weiter zu überwinden. Und nicht zuletzt basiert inklusive Kinder- und Jugendarbeit auf einer inklusiven Haltung von ehrenamtlichen und hauptberuflich Aktiven in der Arbeit vor Ort, in den Verbänden und Institutionen.
Wichtige Infos für die Anmeldung und Teilnahme in Einfacher Sprache finden Sie hier.
Interessante Videos
Video: Gemeinsamkeit, Toleranz und Spaß. Für gelebte Inklusion braucht es gar nicht viel. Das zeigt die Jugendgruppe „Kirchen-Piraten“ aus Darmstadt.
Video: Seit zwölf Jahren verliert Selina (24) immer mehr ihre Sehkraft. Bald wird sie nur noch sehr wenig sehen können. Erst seit Kurzem akzeptiert die junge Studentin, dass sie fast blind ist. Hier geht es zum Video 'Einfach Mensch - ich werde blind' in der zdf-Mediathek.
Herausforderung Inklusion auf dem 4. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit am 17. September 2024 in Potsdam
Das Programm für den 4. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit ist online und die Anmeldung ist noch bis zum 31. August 2024 möglich. Aus den mehr als 180 Fachveranstaltungen, Abendveranstaltungen, Exkursionen und dem Park der Möglichkeiten können Sie sich ein individuelles Programm zusammenstellen.
Herausforderung Inklusion: Qualifikationsbedarfe und Leistungsgrenzen von hauptberuflich und ehrenamtlich Aktiven in der Kinder- und Jugendarbeit – Fachforum zu Herausforderungen der Kinder- und Jugendarbeit
17.9.2024, 11:30 bis 13:00 Uhr | Raum: 3.06.H04
Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg/Arbeitsschwerpunkt Kinder- und Jugendarbeit, die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) und die Diakonie Hamburg setzen sich seit einiger Zeit im Austausch miteinander mit den Herausforderungen inklusiver Kinder- und Jugendarbeit auseinander. Als weiterer Akteur der Kinder- und Jugendarbeit sieht sich auch die Deutsche Behindertensportjugend (DBSJ) mit dies Herausforderungen konfrontiert. Im Rahmen der Vortrags- und Diskussionsveranstaltung soll der wissenschaftliche und fachpraktische Blick der vier Institutionen auf haupt- und ehrenamtlich Tätige in der Kinder- und Jugendarbeit im Kontext der Herausforderungen von Inklusion im Fokus stehen. Gemeinsam mit den Teilnehmenden soll die Frage diskutiert werden, welche bundesweit formulierten Forderungen es braucht, um dem Auftrag der inklusiven Kinder- und Jugendarbeit in der Praxis gerecht werden zu können.
Verantwortlich bei der aej: Doris Klingenhagen, Referentin für Inklusion, Migration und Vielfalt
Veranstaltungen
-
November 2024Online-Veranstaltung |
Digitale Einführung in die Box gegen antimuslimischen Rassismus
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Dezember 2024
Downloads
Liste mit wichtigen Links oder Forderungen zum Thema
- Herrlich - Das GJW Magazin 02/2023
- Studie Lebenshilfe „Mit den Augen von Jugendlichen“ (erscheint Dezember 2023)
- DBJR: Broschüre zu Inklusion in der Jugendarbeit
- DBJR Position: Inklusion in Jugendverbandsarbeit und Gesellschaft politisch vorantreiben und gemeinsam leben
- DBJR Position „Inklusion – auch für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen!“
- UN-Behindertenrechtskonvention
- Nationaler Aktionsplan Inklusion (2011)
- Nationaler Aktionsplan Inklusion 2.0 (2016)
- Es ist normal verschieden zu sein (leichte Sprache) - EKD
- Es ist normal verschieden zu sein - EKD
- 14. Kinder- und Jugendbericht (2013)
- Dritter Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen (2021)
- Vision Inklusion - Eine Inklusionstrategie für die Internationale Jugendarbeit (2018-2020)
- Jugendstudie „Aufwachsen und Alltagserfahrungen von Jugendlichen mit Behinderung“ (Laufzeit: 01.09.2018 - 30.06.2022)
Förderung
Partnerin der aej bei der Verwirklichung inklusiver Kinder- und Jugendarbeit ist die "Aktion Mensch". Sie fördert mit kleinen und großen Fördersummen und verschiedenen Projektformaten das Engagement für eine inklusive Gesellschaft.
Liste mit wichtigen Links oder Forderungen zum Thema
- Digitale Teilhabe für alle gleichberechtigte Teilhabe am digitalen Fortschritt (2 x 5.000 Euro)
- Barrierefreiheit Mikroförderung
- Projektförderung Kinder und Jugendliche stärken
- Kunst und Kultur für alle bis zu 10.000 Euro Zuschuss pro Vorhaben