Parlamentarischer Abend „Exit Racism“

Vor dem Hintergrund des kürzlich veröffentlichten Abschlussberichts des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM) veranstalteten die aej und ihre Kooperationspartner*innen am 9. September einen Parlamentarischen Abend. Dieser bot einen Raum zum Austausch darüber, wie die Ergebnisse des UEM in die Strukturen der Jugendarbeit integriert werden können. Geladen waren nicht nur Parlamentarier*innen, sondern auch evangelische und muslimische Akteur*innen der Zivilgesellschaft.

Parlamentarischer Abend „Exit Racism“ am 9. September 2023. Foto: aej

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Gemeinsam gegen antimuslimischen Rassismus

Der Abend begann mit einem gemeinsamen Statement der Gastgeberinnen und Gastgeber gegen antimuslimischen Rassismus – vorgetragen von Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland – in dem die Wertebasis der Religionsgemeinschaften betont wurden. Es wurde deutlich gemacht, dass Diskriminierung und Rassismus unvereinbar mit diesen Werten sind. Das Statement betonte zugleich, dass Rassismus nach wie vor soziale und ökonomische Ungleichheit, Ausgrenzung und sogar Gewalt verursacht.

Die Organisationen wollen sich zukünftig verstärkt für gleichberechtigte Teilhabe aller und Vielfalt als Normalität in unserer Gesellschaft einsetzen. Besonders betonten sie die Notwendigkeit, antimuslimischem Rassismus aktiv entgegenzutreten, da Muslim*innen und jene, die als solche wahrgenommen werden, in unserer Gesellschaft einem besonders großen Druck ausgesetzt sind. Zugleich wurde antimuslimischer Rassismus als eine potenzielles Einfallstor für rechtsextreme Ideologien identifiziert. Diese Gefahr für eine demokratische Gesellschaft wurde erst kürzlich im   Abschlussbericht des UEM in aller Dringlichkeit hervorgehoben.


Statement der Kooperationspartner*innen

„Diskriminierung und Rassismus ist mit unseren religiösen Werten nicht vereinbar. Durch Rassismus werden auch heute noch ungleichwertige soziale und ökonomische Lebensverhältnisse, die Ausgrenzung von Menschen und sogar verbale und physische Gewalt gerechtfertigt. Wir setzen uns für eine gleichberechtigte Teilhabe aller und Vielfalt als Normalität ein. Wir sagen mit dem Motto der Ausstellung: „Exit Racism“! Das gilt insbesondere für antimuslimischen Rassismus, denn muslimische und muslimisch gelesene Menschen stehen in unserer Gesellschaft unter besonders großem Druck. Antimuslimischer Rassismus spiegelt eine gefährliche gesellschaftliche Entwicklung, die letztendlich eine Gefahr für unsere Demokratie darstellt. Wir wollen deshalb unsere Expertisen und Zugänge teilen. Zugänge für und mit muslimischen Organisationen dort schaffen, wo der Weg derzeit noch steinig ist.“


Rassismus: Unbemerkt und doch allgegenwärtig

Die Keynote der Rassismusforscherin Yasmina Gandouz-Touati leitete die thematische Diskussion ein. Sie sprach über die aktuellen Entwicklungen im Bereich antimuslimischer Rassismus und betonte die Notwendigkeit der Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Problems.

In der anschließenden Panel-Diskussion brachten Vertreterinnen und Vertreter aus der evangelischen und muslimischen Jugendarbeit sowie aus Politik und Wissenschaft ihre Perspektiven und Ideen ein, welche Hürden und Bedarfe es in der Jugendarbeit gibt. Die Diskussion war geprägt von einem gemeinsamen Engagement für eine inklusive Gesellschaft und eine lebhafte Debatte darüber, wie dies erreicht werden kann. Es tauschten sich auf dem Panel aus:

  • Karima Benbrahim – Mitglied des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM)
  • Taner Beklen – Bündnis für muslimische Jugendarbeit
  • Melanie Haas – Leiterin der Abteilung Demokratie und Engagement des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
  • Prof. Wolfgang Schröer –  Universität Hildesheim, Vorsitzender Bundesjugendkuratorium
  • Michael Peters – aej-Generalsekräter

Mehrfach thematisiert wurde das Projekt „Jugend 2025“ des BMFSFJ. Es reagiert auf die dynamische Entwicklung muslimischer Jugendselbstorganisationen in Deutschland und strebt an, diese Organisationen zu stärken, ihre Professionalisierung voranzutreiben und ihre Integration in die Jugendverbandsarbeit zu fördern. Praktisch soll dies durch die Förderung des 2022 gegründeten Bündnisses für muslimische Jugendarbeit umgesetzt werden.

Anerkennung und Verstetigung

Sowohl auf dem Panel als auch am gesamten Abend wurde abermals gezeigt, wie entscheidend es für muslimische Träger und Jugendverbände ist, in die Regelstrukturen eingebunden zu sein und aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken zu können. Dies ist jedoch aufgrund bürokratischer und struktureller Hürden schwierig. Trotz dieser Herausforderungen haben die Teilnehmer des Abends gezeigt, dass sie fest entschlossen sind, diese Hindernisse zu überwinden. Gleichzeitig wurde klargemacht, dass es auch aus den Strukturen selbst – von Seiten etablierter Verbände und auch der Verwaltung – aktive Bemühungen benötigt, diese seit Jahrzehnten bestehenden und bekannten Widrigkeiten zu bewältigen.

Ähnliche Bemühungen zeigen sich im Projekt „Neue Bündnisse, neue Wege“ der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung. Es zielt darauf ab, gemeinsam mit einer Kerngruppe von muslimischen Initiativen und Trägern neue Wege der politischen Jugendbildung zu erproben und damit einen Beitrag für eine nachhaltige Etablierung wirkungsvoller und zeitgemäßer Angebote für Kinder und Jugendliche zu schaffen.

Das BMFSFJ möchte damit Voraussetzungen schaffen, die es muslimischen Organisationen ermöglichen, perspektivisch in die Regelförderstrukturen der Jugendverbandsarbeit bzw. der politischen Jugendbildung über den Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) aufgenommen zu werden. Diese Projekte sind wichtige Schritte da hin, einer vielfältigen Gesellschaft Rechnung zu tragen sowie ihren Akteur*innen endlich die Möglichkeit zur Verstetigung ihres Engagements zu geben.

Zum Abschluss des Bühnenprogramms wurde ein besonderer Dank an die Mitwirkenden der Wanderausstellung „Exit Racism“ ausgesprochen, die den Abend maßgeblich inspiriert hatte. Die intensive Arbeit vieler engagierter Menschen und das Teilen ihrer persönlichen Erfahrungen ermöglichen wichtige Sensibilisierungsarbeit und tragen dazu bei, das Bewusstsein für die Auswirkungen von Rassismus zu schärfen.

Der Appell bleibt: Exit Racism!

Der Parlamentarische Abend „Exit Racism“ war nicht nur eine inspirierende Veranstaltung, sondern auch ein Aufruf: Exit Racism! Die Kooperationspartner*innen haben verdeutlicht, dass antimuslimischer Rassismus unter anderem auch eine enorme strukturelle Hürde für viele vor allem junge Menschen darstellt – und das schon seit Jahrzehnten.

Es ist notwendig, diese Problemlage nun endlich anzugehen.


Die Veranstalter- und Kooperationspartner*innen


Galerie


Weiterführende Links



Charlotte Natour
Projektleiterin für Kompetenznetzwerk Prävention Islam- und Muslimfeindlichkeit
Doris Klingenhagen
Referentin für Inklusion, Migration und Vielfalt
Julius Plumeyer
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Kompetenznetzwerk Prävention Islam- und Muslimfeindlichkeit

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