Andachten aus Bibel AnDenken
Die Reihe "Bibel AnDenken" erscheint in gemeinsamer Herausgeberschaft der aej mit der Konferenz der Landesjugendpfarrerinnen und Landesjugendpfarrer in der Bundesrepublik Deutschland. Sie bietet Andachtsentwürfe, Materialien für Gruppenstunden und Freizeiten, Lieder, Informationen zur Jahreslosung und Monatssprüchen.

Andacht Juni 2025
Wer bin ich und warum eigentlich?
Schreibwerkstatt
Schreiben ist eine gute Methode, um sich selbst auf die Schliche zu kommen. Um das eigene Denken einmal von außen zu betrachten.
Denken, Sprechen und Schreiben sind verwandt, denn alle drei bedienen sich der Sprache. Wir denken, sprechen, schreiben in Wörtern. Denken und Sprechen waren zuerst da, sind im Gehirn angelegte, evolutionsbedingte, lebenserhaltende Programmierungen. Dagegen muss das Schreiben erst mühsam erlernt werden, ist sozusagen eine unnatürliche Errungenschaft des Menschen. Unnatürlich und doch fantastisch.
Wenn ich schreibe, kann ich mich beim Denken begleiten, kann neuschreiben, wegstreichen, umschreiben. Wenn ich für mein Weltbild Worte suche, meine Identität umschreibe, dann erkenne ich manchmal, warum ich so bin, wie ich bin. Warum ich so denke, wie ich denke, warum ich handle und werte, wie ich es tue. Und dann kann ich das umschreiben, also neu schreiben. Kann etwas Neues Denken und, wenn es gut läuft, irgendwann auch anders handeln.
Die folgenden vier Stationen sind Möglichkeiten einer Schreibwerkstatt:
Station A: Wer bin ich? Was macht mich aus?
Jede*r erhält ein Papier mit der Silhouette eines Menschen. Rundherum sammeln alle für sich Worte, die sie ausmachen. Das können Eigenschaften, Begabungen, Aussehen, Lieblingslieder, Hobbys, auch Negatives sein. In Kleingruppen stellen sie sich gegenseitig vor, Ergänzungen immer möglich.
Dann schreiben alle sich selbst einen Brief, in dem sie sich erzählen, was sie an sich selbst mögen. Ein Schwerpunkt kann auf einer Eigenschaft liegen, die andere Menschen bisher nicht gesehen oder kritisiert haben und die sie selbst dennoch an sich schätzen.
Wer mag, liest den Brief vor.
Station B: Wo erlebe ich, dass ich bewertet werde?
Die Gruppe sammelt »Orte«, an denen bewertet wird (Schule, Elternhaus, Social Media etc.), und was dort bewertet wird.
Jede*r für sich schreibt einen Text zu den Fragen: Was wird bewertet? Wie fühlt sich das an?
Ein Vorschlag für eine Textform kann die Aufzählung sein, wobei es nicht um eine schlichte Liste geht, sondern um eine Aufzählung, die z. B. mit den gleichen Worten beginnt (»Man bewertet meinen Körper. Man bewertet meinen Geist. Man bewertet meine Mathekenntnisse. Man bewertet meine Brüste…«). Auf diese Art wird aus einer schlichten Liste ein eindringlicher Text.
Oder eine Aufzählung, die sich reimt, mit Binnenreimen arbeitet, mit Alliterationen ( »Bewertet wird mein Gesicht, mit spitzer Nase und zu großem Mund. Und zu rund sind meine Wangen. Bewertet wird meine Leistung in der Schule, alles, was ich sag und ob ich das Bier vertrag…«).
Alle sind eingeladen sich die Ergebnisse vorzulesen. Dabei gelten klare Regeln: Niemand muss vorlesen; kein Auslachen oder Buhen; Nachfragen nur, wenn gewünscht.
Station C: Wo bewerte ich andere? Was bewerte ich?
In welcher Form bewerte ich?
Gemeinsam wird das Video »Was wisst ihr denn eigentlich schon davon?« angesehen (siehe Materialen).
Im Anschluss schreiben alle einen Text, der sich an dem Text von Anke Fuchs anlehnen darf. Kurze szenische Abschnitte, die immer den gleichen Beginn haben, erleichtern das Schreiben insbesondere für Menschen, die noch nicht viel Schreiberfahrung haben.
Station D: Wie wäre es anders?
Gemeinsam wird das Video »Paradies« von Bosse angesehen.
Im Anschluss schreiben alle Statements wie die auf den Tafeln im Video. Es sind Statements für eine Welt, in der die Würde jedes Menschen zählt. Dabei ist es wichtig, die großen Themen und auch die kleinen Themen zu benennen. Man kann zu der Tonspur des Bosse-Songs ein Video drehen, in dem die Statements gezeigt werden.
Bei Gruppen, die schreibaffiner sind, ist es möglich, Paradies-Texte zu verfassen. Zum Beispiel mit dem Anfangssatz »Wie wäre es im Paradies, wenn…« oder »Eines Tages erwachte ich im Paradies. Woran ich das gemerkt habe? Das kann ich dir sagen…«.
Ragna Miller
2023/2024 zur Vertretung Landesjugendpastorin der Bremischen Evangleischen Kirche