aej-Mitgliederversammlung beschließt: Gott liebt queere Menschen

Holzkreuz und Herz in Regenbogenfarben liegen auf einem Holztisch.

Foto: Carlos R/stock.adobe.com

Seite weiterempfehlen Seite Drucken

Seit über 20 Jahren beschäftigt sich die aej mit Fragen der Sexualethik, Lebensmodellen sowie sexueller Orientierung und geschlechtliche Identität. Die aej hat sich bereits parteilich zu diesem Thema positioniert, zuletzt in ihrem Beschluss „Selbstbestimmung und Akzeptanz“ (Beschluss Nr. 2, aej-Mitgliederversammlung 2013).

Seitdem sind diese Themen immer wieder Gegenstand von Debatten bei den aej-Mitgliedern und in der aej. Auch in Kirche und Gesellschaft wird der Diskurs zu diesen Themen geführt. Neue Einsichten werden gewonnen und Begrifflichkeiten verändert. So ist der Begriff Queer eine Selbstbezeichnung von Menschen geworden, die sich jenseits der Cis-Heteronormativität bewegen. Das heißt, es geht um Menschen, deren Geschlecht nicht dem (bei der Geburt) zugewiesenen entspricht und/oder deren sexuelle Orientierung eine andere als heterosexuell ist.

Die Delegierten der 133. aej-Mitgliederversammlung 2022 haben nun eine Positionierung beschlossen, die aktuelle Erkenntnisse und Entwicklungen mit einbezieht.

Während die aej 2013 von LSBTTI* gesprochen hat, nutzt die neue Positionierung die Abkürzung LGBTQIA*. Sie beschreibt lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, queere, inter*, asexuelle und agender Personen.

Unsere Sprache ist männlich und hetero-normativ geprägt. Sprache ist allgegenwärtig und sehr wirkmächtig. Sie beeinflusst unser Denken und Handeln. Das wird auch in der Formulierung der neuen Positionierung deutlich, das nicht frei davon ist, zwischen "uns" und "den anderen" zu unterscheiden. Dieses Othering entspricht nicht der Position der aej, ist aber nicht gänzlich vermeidbar. Trotzdem ist es wichtig, Sprache möglichst sensibel und inklusiv zu gebrauchen. Die Debatte um eine gendergerechte Sprache schließt demnach nicht nur die Frage ein, ob Frauen direkt mit angesprochen werden. Gender-Stern, -Gap oder -Doppelpunkt sollen den Raum eröffnen für Geschlecht jenseits von Mann und Frau. Die aej verwendet bereits den Gender-Stern. Es geht ihr dabei nicht darum, Frauen und ihre Rechte sowie Aufgaben zu schmälern. In unserer patriarchalen Gesellschaft sind Frauen noch immer nicht gleichberechtigt.

Aktuelle Lebenswelt queerer Menschen

Wie wichtig es ist, die queere Community immer wieder aufs Neue zu unterstützen, zeigt unter anderem der Totschlag von Malte C. im August 2022, der auf dem CSD in Münster aufgrund von Transfeindlichkeit angegriffen worden und eine Woche später seinen Verletzungen im Krankenhaus erlegen ist.
Anfeindende Äußerungen und Gewalt betreffen noch heute die Lebenswelt junger LGBTQIA*-Menschen. Laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) von 2018 befürwortet die Mehrheit der Deutschen die Gleichstellung von Menschen, die lesbisch, schwul, bisexuell, trans* oder queer (LSBT*Q) sind. Gleichzeitig sagen acht von zehn LSBT*Q Jugendlichen, dass sie immer wieder Diskriminierungen erleben und ausgesetzt sind.

Theologische Aspekte

Immer wieder werden queere Menschen mit der Behauptung konfrontiert, ihre Liebe und/oder ihre Art zu leben seien nicht von Gott gewollt. Wir sagen: Die Liebe Gottes zu allen Menschen ist bedingungslos. Das gilt selbstverständlich auch für LGBTQIA*-Menschen. Eine biblisch begründete Herabsetzung von Menschen ist falsch und widerspricht dem Evangelium von Jesus Christus.

Wir glauben, dass die Botschaft von Jesus, der Liebe und Annahme aller Menschen vorgelebt hat, Gerechtigkeit für jeden Menschen ohne Diskriminierung bedeutet.

Aus dem Gebot der Nächstenliebe erwächst der Auftrag für uns Menschen unser Gegenüber und uns selbst so anzunehmen, wie wir sind – ungeachtet unseres Lebensmodells, unserer sexuellen Orientierung und geschlechtlicher Identität.

In der Evangelischen Jugend sollen alle jungen Menschen ihre persönliche Identität erfahren und festigen können. Unsere Kirchen sollen Raum bieten für alle Menschen mit ihrer jeweiligen sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität und ihnen Achtung, Wertschätzung und Gleichbehandlung entgegenbringen.

Für die Evangelische Jugend ist Vielfalt eine von Gott geschenkte Bereicherung des Zusammenlebens.

Unsere Forderungen

Als aej stehen wir für Akzeptanz, Respekt und das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben sowie individuelle Lebensentwürfe von queeren Menschen im Einklang mit ihren Mitmenschen. In der aej wollen wir die Würde und Selbstbestimmung eines jeden Menschen fördern und achten. Evangelische Jugend muss Safer Space für queere Menschen sein. Die Angebote der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit sollen einen Beitrag zur Veränderung der Gesellschaft leisten.

Dies bedeutet konkret:

  • Alle Jugendeinrichtungen sollen Safer Spaces für Kinder und Jugendliche aller sexuellen Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten werden. Fachkräfte und Ehrenamtliche sind dafür verantwortlich, in ihren Einrichtungen eine Willkommenskultur für jede*n Jugendliche*n zu bieten. Dabei ist es wichtig, unter anderem auf die Nutzung einer sensiblen Sprach- und Schreibweise zu achten, um Geschlechterklischees, Vorurteile und Diskriminierungen nicht weiter zu reproduzieren. Hierbei gilt es, entsprechende Regeln und Umgangsformen zu etablieren.
     
  • Spezielle Angebote für junge LGBTQIA*-Menschen müssen ausgeweitet werden. Junge Menschen müssen wissen, dass es diese Angebote gibt.
     
  • Bei den aej-Mitgliedern sollen Schulungsangebote entstehen und Konzepte zu LGBTQIA*-Themen erarbeitet werden. Haupt- und Ehrenamtliche müssen Vorbilder für eine diskriminierungssensible Haltung werden.
     
  • Hass, Ausgrenzung und Diskriminierungen muss aktiv entgegengewirkt werden. Dabei ist es ebenso wichtig, Mehrfachdiskriminierungen (Intersektionalität) in den Blick zu nehmen.
     
  • Auch hierfür braucht es Schulungsmöglichkeiten um Diskriminierungssensibilität zu fördern und Handlungsperspektiven zu entwickeln.

Downloads und Links

Beschlüsse der 133. aej-MV 2022


zurück
Seite weiterempfehlen Seite Drucken